Besuch des türkischen Regierungsschefs:Erdogan weiht Botschaft in Berlin ein

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Für den türkischen Ministerpräsidenten ist sie ein Symbol der interkulturellen Freundschaft, für die Alevitische Gemeinde Berlin Anlass zum Protest: Recep Tayyip Erdogan hat die neue türkische Botschaft in der Hauptstadt eröffnet. Darüber freuen sich nicht alle.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat am Dienstag die neue Botschaft seines Landes in Berlin eröffnet. Der Neubau der türkischen Auslandsvertretung sei "ein Symbol der tief verwurzelten Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei", sagte Erdogan.

Pompös: Etwa 30 Millionen Euro soll der Neubau der türkischen Botschaft gekostet haben. Zur Eröffnung reist der türkische Regierungschef nach Berlin. Nicht alle sind darüber erfreut. (Foto: dpa)

Im Beisein von Außenminister Guido Westerwelle und etwa 2000 geladenen Gästen weihte der türkische Regierungschef das Gebäude ein. Der Bau soll etwa 30 Millionen Euro gekostet haben. Nach fast 70 Jahren erhält die Türkei damit wieder eine Vertretung im Botschaftsviertel der deutschen Hauptstadt.

Der historische Ort, an dem der Neubau errichtet wurde, zeige, wie lange die Freundschaft zwischen den beiden Ländern schon währe, so Erdogan. Das Grundstück hatte das damalige Osmanische Reich bereits im Jahr 1918 erworben. Nach Gründung der türkischen Republik hatten die Botschafter bis 1944 hier ihren Sitz - bis die Kanzlei den Bombenangriffen des Zweiten Weltkriegs zum Opfer fiel.

Die in Deutschland lebenden Türken rief Erdogan zu aktiver Integration auf: "Wir wollen, dass die Türken in Deutschland fließend Deutsch sprechen", sagte er. Sie sollten nicht nur türkische Autoren kennen, "sondern auch Hegel, Kant und Goethe verstehen". Zudem bekräftige Erdogan den Anspruch der Türkei auf eine Mitgliedschaft in der EU.

"Sie sind ein Teil von uns"

Außenminister Guido Westerwelle betonte in seinem Grußwort, dass die fast drei Millionen Menschen türkischer Herkunft in der Bundesrepublik die deutsche Kultur bereicherten. "Sie sind aus unserer Gesellschaft nicht wegzudenken, sie sind ein Teil von uns", sagte der FDP-Politiker.

Dennoch sind nicht alle über den Besuch Erdogans erfreut. Schwere Vorwürfe erhebt die Alevitische Gemeinde gegen den türkischen Ministerpräsidenten: Er setze auf eine "Politik der Gleichschaltung, Ausgrenzung, Unterdrückung und Gewalt". Den Besuch Erdogans nahm die Gemeinde als Anlass, zum Protest aufzurufen. Am kommenden Mittwoch um 11 Uhr werden Tausende Demonstranten vor dem Brandenburger Tor in Berlin erwartet.

Der Politiker und seine Regierungspartei AKP stünden für eine antidemokratische Politik, teilten die Veranstalter vorab mit. Nach Angaben der Polizei rechnen die Organisatoren bei ihrer Kundgebung mit bis zu 10.000 Teilnehmern.

Menschenrechtler bezichtigen Erdogan der Unterdrückung

Ähnliche Ansichten hat Menschenrechtler Kamal Sido. Der Nahost-Referent der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) sagte, es sei ein Skandal, dass die Bundesregierung die Türkei als Verbündete betrachte, während Erdogan die Unterdrückung von ethnischen und religiösen Minderheiten unverhohlen fortführe. Deutschland müsse sich auf die Seite der Kurden, Aleviten, Yeziden, Assyro-Aramäer und Armenier stellen und deren Gleichberechtigung sowie Meinungs- und Glaubensfreiheit verlangen.

Einige Verbände und Organisationen, die als Vertreter der genannten Minderheiten agieren, haben angekündigt, sich an der Demonstration beteiligen.

Am Mittwoch will der Erdogan sich mit Kanzlerin Angela Merkel treffen und über die Lage in Syrien und die Situation syrischer Flüchtlinge sprechen.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/soli - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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